© Bruno Rodrigues

Nicht jeder Boden eignet sich für die Erzeugung von Spitzenweinen.

 

Ein Grund für die Qualität der Spitzenweine ist definitiv der Boden bzw. das Terroir. Der Boden prägt den Cha­rak­ter des Weins, sagen die Fran­zo­sen. Doch wel­cher Boden den bes­ten Wein ergibt, hat noch kein Wis­sen­schaft­ler der Erde her­aus­ge­fun­den. Ein Pri­vi­leg des bes­ten Bodens gibt es nicht.Der Grund, auf dem die Rebe wächst, ist von gro­ßer Bedeu­tung für Art und Qua­li­tät des spä­te­ren Weins. Was aber genau die Eig­nung eines Bodens aus­macht, dar­über sind sich Wis­sen­schaft­ler und Prak­ti­ker uneins. Fran­zo­sen und Deut­sche gehen davon aus, daß die Zusam­men­set­zung des Bodens, ins­be­son­dere die mine­ra­li­sche Zusam­men­set­zung, den Stil und Cha­rak­ter eines Weins prä­gen: ob er auf Löß oder Gra­nit, Bunt­sand­stein oder Kalk gewach­sen ist. Ame­ri­ka­ner und Aus­tra­lier nei­gen eher zu der Ansicht, daß Auf­bau und Struk­tur des Bodens, weni­ger seine mine­ra­li­sche und orga­ni­sche Zusam­men­set­zung, Cha­rak­ter und Qua­li­tät des Weins ausmachen.

Prägt der Boden den Weingeschmack?
Für die euro­päi­sche Auf­fas­sung spre­chen viele Gründe. Die bes­ten Pinot Noir der Welt gedei­hen auf Kalk­bö­den der Côte d’Or im Bur­gund. Die Weine von Pouilly ver­dan­ken ihre Eigen­art den mit Silex (Feu­er­stein) durch- misch­ten Kalk­bö­den an den Hän­gen der Loire. Einige Grands Crus aus dem Elsaß erhal­ten ihr cha­rak­te­ris­ti­sches mine­ra­li­sches Bou­quet nur auf den Gneis-Verwitterungsböden am Fuße der Voge­sen. Den deut­schen Ries­lin­gen von der Mit­tel­mo­sel, wo der blaue Devon- Schie­fer vor­herrscht, wird sogar ein typi­sches Schiefer-Bouquet nachgesagt.

Qua­li­tät kennt viele Böden
Die Win­zer der Neuen Welt haben frei­lich auch nicht unrecht. Ries­ling, Sau­vi­gnon Blanc und Pinot Noir wach­sen auf ganz ande­ren Böden und erge­ben dort gute bis sehr gute, cha­rak­ter­volle Weine. Ganz zu schwei­gen von Caber­net Sau­vi­gnon und Char­don­nay: Nicht nur ein­mal haben kali­for­ni­sche Weine aus die­sen Sor­ten die fran­zö­si­schen Pen­dants in Blind­de­gus­ta­tio­nen geschla­gen oder waren ihnen zum Ver­wech­seln ähnlich, obgleich die Böden im Napa Val­ley völ­lig ver­schie­den, gera­dezu kon­trär zu denen des Médoc bezie­hungs­weise der Côte de Beaune sind: Sie sind sauer, wäh­rend jene stark kalk­hal­tig sind.

Viele Böden sind gut für Spitzenweine, einige besser
Tat­säch­lich schlie­ßen sich beide Auf­fas­sun­gen nicht aus. Um über­haupt Qua­li­täts­wein­bau für Spitzenweine zu betrei­ben, müs­sen bestimmte Vor­aus­set­zun­gen vor­han­den sein: leichte, warme, tro­ckene Böden mit einer nicht zu gro­ßen, aber auch nicht zu gerin­gen Menge an orga­ni­schen Stof­fen, um ein gesun­des vege­ta­ti­ves Wachs­tum zu ermög­li­chen. Zusätz­lich kann ein bestimm­ter Boden­typ mit einer beson­de­ren mine­ra­li­schen Zusam­men­set­zung für eine Reb­sorte för­der­lich bezie­hungs­weise für die Finesse eines bestimm­ten Wei­nes ver­ant­wort­lich sein: zum Bei­spiel Feu­er­stein an der Loire, Urge­stein in der Wachau, Schie­fer an der Mosel.

„Ter­roir“ ist mehr als Boden
Die Qua­li­täts­phi­lo­so­phie der Euro­päer wurde von den Fran­zo­sen ent­wi­ckelt und wird mit dem Begriff „ter­roir“ beschrie­ben. „Ter­roir“ ist mehr als Boden. Ein französischer Winzer sagte einmal: „Eine unend­li­che Anzahl von Fak­to­ren beein­flußt den Wein und entscheidet über Spitzenweine oder gute Weine: Tag- und Nacht­tem­pe­ra­tu­ren, Ver­tei­lung der Nie­der­schläge auf das Jahr, Anzahl der Son­nen­stun­den, Tief­grün­dig­keit des Bodens, sein pH-Wert, sein Was­ser­rück­hal­te­ver­mö­gen, seine mine­ra­li­sche Zusam­men­set­zung, die Ober­flä­chen­ge­stalt der Land­schaft, die Son­nen­aus­rich­tung – um nur einige die­ser Fak­to­ren zu nen­nen. Das Wir­kungs­ge­füge all die­ser Fak­to­ren zusam­men nen­nen wir in Frank­reich ‘terroir’.“