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Kleiner Leitfaden für die Verkostung von Wein.

 

Der Vorgang des Verkostens eines Weines läuft bei einer klassischen Weinprobe in mehreren Phasen ab. Die einzelnen Phasen werden im Folgenden kurz beschrieben: Weißwein wird kühl serviert, zwar idealerweise nicht direkt aus dem Kühlschrank, da er mit sechs bis acht Grad zu kalt zur Beurteilung wäre, aber er wird sich an der Raumtemperatur recht schnell erwärmen. 10 bis 12 Grad sind ideal. Rotwein für Weinproben sollte bei einer Temperatur von ca. 14 bis 15 °C bereitgehalten werden, er wird sich beim Ausschenken schnell auf 18 bis 20 °C erwärmen. Bei höheren Temperaturen wird die Geruchswahrnehmung von aufsteigendem Alkohol beeinträchtigt.

Die Weingläser sollten frei von Verunreinigungen sein, da diese sonst den Geruchs- und Geschmackseindruck beeinträchtigen können. Der Wein sollte vorsichtig eingeschenkt werden, damit er nicht zu stark mit Luft vermischt wird.

Die Farbe:
Am besten kann man die Farbe erkennen, wenn das Glas vor einen weißen Hintergrund gehalten wird. Dabei werden die Klarheit, die Farbe und die Reinheit eines Weines geprüft. Hierzu betrachtet man das Weinglas einerseits von oben, hält das Glas jedoch auch schräg, da die Weinfarbe je nach Flüssigkeitstand leicht variieren kann. Nach dem Beurteilen der Farbe soll das Glas waagerecht zum Licht gehalten werden; manche Weine zeigen auf dem Glas sogenannte Tränen, diese bilden sich durch die Oberflächenspannung. Anders als vielfach behauptet, geben die sogenannten Tränen oder Kirchenfenster, die sich nach dem Schwenken am Glasrand bilden keinen direkten Aufschluss über die Qualität eines Weins. Sie zeigen lediglich eine durch Alkohol oder Zucker erhöhte Viskosität an.

Interessant ist der Rand des Weines am Glas: er wird nach seiner Randgröße beurteilt (mehr als ein Millimeter Randbreite deutet auf einen älteren Wein), und nach der Abweichung der Farbe im Verhältnis zum „tiefen“ Wein: eine orange Randfarbe ist ebenso ein Anzeichen eines gereiften Weines.

  • Farbton: himbeerfarben, granatrot, purpurn, rubinrot, kirschrot schimmernd, ins Violette spielend, rotbraun, rosé, gelbgrün, strohgelb, goldgelb, tiefgolden
  • Farbintensität: intensiv, tief, hell, klar, fein, transparent, glänzend, funkelnd, hell strahlend
  • Weintränen: tränenreich, gelbe, klare, schlierige Tränen
  • Farbe: Schattierungen, Nuancen
  • Klarheit: Transparenz/ Reinheit, Trübung
  • Tiefe: Farbsattheit oder -blässe
  • Leuchtkraft: strahlend, stumpf

Der Geruch / die Nase
Nach der visuellen Wahrnehmung kommt der olfaktorische Eindruck. Dabei wird versucht, verschiedene markante Gerüche zu unterscheiden und zu benennen. Der olfaktorische Eindruck besteht aus drei Phasen.

Zunächst riecht man am Glas, ohne es zu schwenken, da es extrem flüchtige Verbindungen im Wein gibt, die bereits nach dem ersten Schwenken verloren gehen. Im Anschluss wird das Glas geschwenkt, um tiefere Aromen an die Oberfläche zu bringen und zu verstärken. Riechen Sie noch einmal. Sie werden andere Gerüche bemerken.

Geben Sie dem Wein nun etwas Zeit, sich zu erholen. Riechen Sie noch einmal. Manche Weine bieten nun wieder dieselben Geruchseindrücke wie zu Anfang, bei anderen haben sich die Geruchseindrücke durch die Luftzufuhr verändert.

Noch detaillierter wird gerochen, indem am geneigten Glas einmal “unten” (am unteren Rand) und einmal “oben” der Duft des Weines aufgenommen wird. Aufgrund der unterschiedlichen Schweren der duftgebenden Moleküle können hierbei eventuell erhebliche Unterschiede erkannt werden.

  • Bukett: mehr oder weniger ausgeprägt, flach, mächtig
  • Finesse: plump, elegant, arm, klein, spritzig, stichig, sauber, rassig, nervig, nobel, großer Atem, …
  • Aroma (Duft):
    • fruchtig: Himbeeren, Kirschen, Sauerkirsche, Pflaumen, Schwarze Johannisbeere, Apfel, Aprikose, Ananas, Zitrone, Birne, Quitte, Holunderblüte
    • blumig: Veilchen, Geranien, Wildrose, Reseda, Liguster, Chrysantheme
    • Gewürze: Vanille, Anis, Zimt, Karamell, Pfeffer, Nelken
    • Holz: Zeder, Sandelholz, Holz-Röstaromen
    • tierische Gerüche: Moschus, Bienenwachs
    • andere Gerüche: Trüffel, Harz, Balsam, Tabak, Leder, Teer, erdig, rauchig, grasig
  • Reifegrad: oberflächlich und zurückhaltend (zu junger Wein), spritzig und bissig, flach und verbraucht (zu alter Wein)

Der Geruchssinn ist das wichtigste Werkzeug des Sommeliers, da die Nase wesentlich mehr Nuancen unterscheiden kann als die Zunge. Die Nase ist um den Faktor einhundert empfindlicher als die Zunge. Was als Aroma von der Zunge empfunden wird, ist zu Teilen vielfach ebenso ein Nasen-Aroma: aus der körpertemperierten Mundhöhle entsteht das Rückraum-Aroma in der Nase.

Aus der „Nase“ kann der Sommelier auf wesentliche Eigenschaften des Weins wie Rebsorten, Herkunft, Alter, Verarbeitung schließen.

Der Geschmack / die Zunge
Die Zunge kann eine Reihe an Geschmackseindrücken vermitteln. Der Wein wird langsam geschlürft, die Luftzufuhr beabsichtigt. Der Wein wird langsam im Mund bewegt und dort auch etwas länger belassen. Die Empfindung für „süß“ nimmt mit der Zeit ab, der bittere Geschmackseindruck nimmt zu. Im Mund machen sich dann ebenso rau-bitterherb die Tannine (Gerbstoffe) und über den Gaumen der Geschmack bemerkbar.

  • Körper: leicht, ausgewogen, schwer, körperreich, flach, in Frucht, fleischig, ölig, wuchtig (Alkohol steigt schnell zu Kopf), nussig, samtig, seidig (feine Struktur), dünn, roh, oxidiert, verbraucht, stichig (bakterieninfiziert, Geruch nach Ethylacetat, ungenießbar)
  • Adstringierend (etwas raue Empfindung auf der Zunge, typisch für tanninhaltige Weine): nicht, leicht, adstringierend
  • Süße: herb, ausgewogen, unaufdringlich, süßlich, ölig, teigig
  • Säure: nichtssagend (Säure fehlt), flach, pikant (Eindruck der Frische), würzig, fein, reichlich, unangenehm scharf
  • Balance: unausgeglichen, ausgeglichen, vollkommen
  • Bitterkeit: nicht vorhanden, leicht, Bitterstoffe, tintig, metallisch, krautig, brandig, hart, klein
  • Salzgeschmack: nicht vorhanden, in Spuren

Es ist möglich, die Probe hier zu unterbrechen und den Wein in ein Gefäß auszuspucken. Dies ermöglicht die Verkostung von sehr vielen Weinen, ohne den kompletten Alkohol aufzunehmen.

Der Abgang
Große Weine sollten auch bei der Verkostung getrunken werden, um den nachdauernden Eindruck zu beurteilen, nachdem der Wein den Mund verlassen hat. Je nachdem wie lange der Weingeschmack in Mund und Rachenbereich spürbar ist, spricht man von einem langen oder kurzen Abgang oder auch Nachhall.